Zweitwagen-Fasten in Neunkirchen a. Br.
Was macht eine Energiegenossenschaft (in diesem Fall die Bürger-für-Bürger-Energie eG), wenn sie noch Geld hat, aber keine umsetzbaren Projekte in Sicht sind? Sie versucht, die Energiewende mit einem E-Auto in Verbindung mit einem Carsharing-Projekt voranzutreiben.
Überlegt – getan.
Im April 2017 wurde der Renault ZOE ZE40 Intens geliefert und steht seitdem in Neunkirchen a.Br. am Alten Bahnhof, d.h. in unmittelbarer Nähe des Busbahnhofs, allen, die ihn nutzen wollen, zur Verfügung. Für die Mitglieder der Genossenschaft kostet die Stunde 3 Euro, für Nicht-Mitglieder (denn JEDER kann den ZOE nutzen) sind 4 Euro fällig. Ansonsten fallen keinerlei Kosten an, das eMobil steht abfahrtbereit und vollgeladen an seinem Standort.

Mit einer Reichweite von ca. 300 km muss man/frau auch keine Bedenken haben, im Wald oder auf weiter Flur mangels “Ladung” liegen zu bleiben. Dies war dem Vorstand der BfB-Energie wichtig, um die Hemmschwelle für die Nutzung niedrig zu halten.
Ein paar Formulare, eine Einweisung, und los kann es gehen.
Kein Carsharing im üblichen Sinne
Während also die Nutzung von Carsharing-Fahrzeugen in der Regel den Beitritt zu einem entsprechenden Verein sowie hohe Einstiegskosten in Form von Einlagen bedeutet, kann in Neunkirchen einfach genutzt werden. Eine gewollte Absenkung der Hemmschwelle.
Inzwischen gibt es sowohl regelmäßige als auch gelegentliche Nutzer, es gibt eine Buchungsplattform, die gemeinsam mit dem ION vom BioEnergieDorf Willersdorf betrieben wird, und so nach und nach erhöht sich der Bekanntheitsgrad dieser günstigen und umweltschonenden Mobilitätsmöglichkeit.
Denkanstoß und Impuls
So mancher denkt sich nun vielleicht: Ein E-Mobil, was kann das bewirken? Aus unserer Sicht: einen Denkanstoß, das Angebot, mal ein E-Mobil zu fahren (bevor man sich selbst vielleicht eines zulegt?), die Möglichkeit zu sehen, auf einen Zweitwagen verzichten zu können, oder einfach nur einen Anstoß in die Richtung zu geben, in die wir gehen müssen angesichts von Klimawandel und CO2-Ausstoß.
Interesse im Landkreis
Wir sind auch mit anderen Gemeinden, Unternehmen etc. im Gespräch – und es gibt auch im nicht-städtischen Raum durchaus inzwischen Bürger, die gerne auf ein eigenes Auto verzichten würden, wenn ausreichend Möglichkeiten zum Sharing vorhanden wären.

Nutzerstimmen
„Ich konnte mich mit dem Mietauto probeweise vom Fahren eines Elektroautos überzeugen lassen. Für uns ist der Wagen eigentlich eher schon zu groß, jedenfalls größer als notwendig. Ein 2-Sitzer à la Smart wäre m.E. meist schon ausreichend“, so eine regelmäßige Nutzerin der ersten Stunde. „Carsharing ist für mich in erster Linie eine Alternative zum Zweitwagen. Es gibt 1-2 berufliche Termine für meinen Mann und mich in der Woche, die sich überschneiden. Dafür ist das Konzept ausgezeichnet, und ich wundere mich eigentlich, warum es bisher nicht mehr in Anspruch genommen wird. Da ich oft sperriges Material für meine Kurse mitnehmen muss, ist der Bus leider manchmal für mich zu umständlich und außerdem hätte ich keine direkte Verbindung. Manchmal wird es auch knapp und ich verpasse den Anschlussbus. Ich müsste also viel mehr Zeitpuffer einbauen. Und als Genossenschaftsmitglied macht der Preis kaum einen Unterschied zum Bus. Für 2 Stunden Carsharing bezahle ich 6 €.“

Kein Ersatz für ÖPNV
Wichtig ist der BfB-Energie jedoch, dass das eMobil nicht als Alternative zum Öffentlichen Personen-Nahverkehr gesehen wird, sondern diesen, wo notwendig, sinnvoll ergänzt.
Finanzierung
Wer glaubt, mit Carsharing, insbesondere in dieser Größenordnung, ließen sich Gewinne machen oder auch nur eine “schwarze Null” erzielen, wird allerdings enttäuscht. Damit dieses Projekt kein reines Draufzahl-Unternehmen wird, wurden Werbepartner gesucht und gefunden, mit deren Hilfe die Kosten zumindest teilweise ausgeglichen werden.
Bildrechte
Titelbild: Barbara Cunningham
Weitere Bilder: Eugen Rittmeyer