Energiesparen und Wohnen

Knochen am Ohr gegen kalten Entzug

Schon 43 Tage ohne Smartphone. Die ersten Tage waren hart. Bin wohl doch ein Smartphone-Junkie. Der kalte Entzug dauerte etwa zehn Tage. Zweimal musste ich als Ersatzdroge zu einem alten Handyknochen greifen. Am Ende steht aber die Erkenntnis: Es gibt ein Leben ohne Smartphone und es hat viele Vorteile.

Klar, Vieles lässt sich heute mit Apps schneller und effizienter erledigen. Und darüber hinaus bietet ein Smartphone angenehme Zerstreuung sowie Zugang zu sozialen Netzwerken. Kein Wunder, dass es mir schwer fiel, mich in der Fastenzeit aus der Smartphonewelt auszuklinken.

Aber so wie ein Ex-Raucher nach der letzten Zigarette schon bald wieder freier atmen und mehr Gerüche wahrnehmen kann, so wurde auch mein Verzicht auf das Smartphone durch eine Reihe angenehmer Begleiterscheinungen aufgewogen:

Das Erste, was mir positiv auffiel, war: Ein Teil weniger, um das ich mir Gedanken machen muss. Ist es aufgeladen? Wo ist das Ladegerät? Habe ich Smartphone und Ladekabel für unterwegs eingesteckt? Oder dreht es sich gerade in der Waschmaschine, weil ich es nicht aus der Hosentasche genommen habe? All diese Gedanken fallen weg und es bleibt mehr Zeit…, um sich über Hausschlüssel, Büroschlüssel, Führerschein, Ausweis, Zeiterfassungskarte und Geldbeutel zu kümmern.

Zweiter Pluspunkt: Weniger Ablenkung, mehr Achtsamkeit. Ohne Smartphone stellt sich  z.B. beim Essen gar nicht die Frage, ob ich zwischen zwei Bissen “mal schnell” noch irgendwas auf dem Smartphone checke. Und am Ende weiß man dann gar nicht, was es eigentlich zu essen gab, sofern man es nicht aus den Krümeln auf dem Teller rekonstruieren kann.

Und zu guter Letzt: Mehr Bücher und Gespräche statt Youtube und Co.

Mein Fazit:

Auch wenn ich mit dem Smartphone-Verzicht in der Fastenzeit vielleicht nur ein bis zwei Kilowattstunden Strom (für das Laden des Smartphones) eingespart habe, würde ich die Aktion auch aus Sicht der CO2-Reduzierung zur Nachahmung empfehlen. Denn das Smartphone steht stellvertretend für viele Konsumartikel, die uns heute als unverzichtbar angepriesen werden, obwohl wir ohne sie sehr gut auskommen können, deren Produktion, Gebrauch und Entsorgung aber für einen erheblichen Anteil unserer CO2-Emissionen verantwortlich sind. Darüber hinaus fand ich die Erfahrung, mich von einer Gewohnheit zu lösen, sehr spannend.

Ich will künftig das Smartphonefasten immer wieder einmal in meinen Alltag integrieren und habe mir vorgenommen, das Teil grundsätzlich seltener zu nutzen. Aber erstmal bleibt es in der Schublade. In welcher liegt es eigentlich?

Update vom Februar 2020 (zwei Jahre später): Bin jetzt tatsächlich dauerhaft vom Smartphone auf mein altes Klapphandy umgestiegen. Und letzteres verwende ich nur auf Reisen. Einfach herrlich, ehrlich!

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Blick zurück in die scheinbar gute alte Zeit der Kommunikation. Hinsichtlich Stromverbrauch und CO2-Emissionen wiesen aber auch die Smartphone-Vorläufer einen erheblichen ökologischen Fußabdruck auf.

Foto: Bernd Rothammel, aufgenommen im Technikmuseum Speyer

 Bernd-Rothammel-3Der Autor:

Bernd Rothammel ist Klimaschutzmanager des Landkreises Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Bayreuth.

Bildquelle: Landratsamt Bayreuth
Bildquelle Titelbild: Bernd Rothammel

Zum Blog-Beitrag vom Anfang der Fastenzeit:

Jetzt leg’ doch mal das Ding weg

4 Gedanken zu „Knochen am Ohr gegen kalten Entzug“

  1. Lieber Bernd,
    Deinen Fastenbeitrag fand ich spannend und gibt uns sehr gute Denkanstöße. Ein Smartphone hat seine Vorteile, aber am besten ist es, man läßt es in der Tasche stecken, bis man es unbedingt braucht. Hilfreich ist auch, wenn man sich wenn irgend möglich keine E-Mail-Nachrichten aufs Smartphone nachschicken lässt, sich nicht an Whatsapp-Gruppen beteiligt, höchsten an den familieninternen. Kurz gesagt: Die moderne Technik sollte uns nicht ans Gängelband nehmen, sondern uns für wichtige Dienstleistungen zur Verfügung stehen!
    Der “Knochen” ist übrigens absolute Spitze!

    Schöne Ostern!

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